Heilung / Healing

Franziska Fennert // Mixed Media auf Leinwand genäht, getragene Kleidung, Füllung mit Reisstroh, Goldblätter, Kupferblätter, Acrylfarbe, Tinte // 94 cm x 60 cm x 18 cm // 2021

Heilung ist eine tiefe Sehnsucht des Menschen. Heilung schafft Balance mit anderen Wesen und Informationen in nicht-Bewusstsein-produzierenden Elementen (z.B. Gebäude, Steine, Textilien). Religion und Spiritualität sind Werkzeuge dahin, um Sinn zu finden und den Menschen mit seiner direkten und indirekten Umgebung in Einklang zu bringen.

Die gegenwärtige Situation des planetarischen Ökosystems – der weiteren Umgebung des Menschen – ist alarmierend und fern der Definition von Gesundheit oder gesundem Zusammenleben.[1] Ein ökonomisches System, welches rein auf Profit gründet und Profite Einzelner oder kleiner Gruppen glorifiziert, lässt außer Acht, dass der Planet selbst ein Organismus ist. Solch ein Organismus ist auf das Wohlergehen aller seiner Elemente angewiesen, um als Ganzes blühen zu können. Alle Organe stehen in ständigem Kontakt und tauschen Energie aus, auch wenn dies nicht allen Zellen bewusst ist.

Das Textil-basierte Relief „Healing“ zeigt einen nackten, abgeholzten Berg, an dessen Fuße eine Kuh inmitten von Müll steht. Ein kleines Feuer lodert neben den Resten menschlichen Konsums. Ein aussortierter Kühlschrank, ein altes Kofferradio, Plastiktüten – alles Produkte gestaltet, um das Leben des Menschen komfortabler zu machen. Ausrangiert aus dem menschlichen Kontext, sind die Komponenten der Geräte schädlich für Böden und Wasserkreislauf. Der Wasserlauf rechts der Kuh, von der Bergspitze kommend, leuchtet teilweise in giftigem rosa. Kein Baum steht mehr, nur die kahlen Stümpfe bezeugen das unbewusste, kurzfristig geplante Handeln des Menschen. Doch die Hände im Vordergrund geben Hoffnung. Wie als würden sie Energie transferieren wollen, sind die Handinnenflächen einer braunen und einer hellen Hand Richtung Landschaft geöffnet. Im Zeitalter des Anthropozän ist es Aufgabe der globalen menschlichen Gemeinschaft komplexe Handlungen zu koordinieren, um die Lebensqualität auf diesem Planeten auch für nachfolgende Generationen zu sichern. Dazu gehört die Erhaltung von Flora, Fauna, Meeresqualität, Süßwasserspeicher und Böden. Heilung kann auf globaler Ebene durch ehrlichen Austausch von Wissen auf allen Ebenen geschehen.

ZirkulärWirtschaft bietet die Basis für Ökologie- und sozialorientierte Interaktionen. Sie ist der elegante Weg, die Notwendigkeit aufzuzeigen für ein geöffnetes Herz, gepaart mit einem kreativen Geist in unserem Zeitalter der Transformation. Der Hintergrund ist in transzendentem Kupfer und Gold gehalten. Zusätzlich zu der Hintergrundfarbe, verstärkt die halbrunde Form der Arbeit, die an ein Kirchenfenster erinnert, den sakralen Charakter der Arbeit. Doch dargestellt sind keine biblischen Szenen oder Themen anderer heiliger Bücher, sondern die verunstaltete Umwelt selbst. Ein jedes Element des Kosmos bezeugt durch seine Existenz Gott. Es ist der Schatten im Spiegel – der Spiegel ist Gott.[2]  

Die Umwelt existiert weiter und wandelt sich immerfort. Es ist an dem Menschen diese Umwelt so zu erhalten, dass der Mensch selbst in ihr gedeihen kann. In der javanischen Tradition gibt es Techniken, von einer Palette an unterschiedlichen Fastenarten, Meditation, Körperübungen, geplantem Schlafentzug, sowie Wissen um Pflanzen und heilige Orte, um den Menschen an seine Grenzen zu bringen und die Frequenzen der Wahrnehmung zu erweitern. Dieser mühselige aber Früchte tragende Weg öffnet ein weites und ganzheitliches Verständnis der menschlichen Existenz. Es lässt einen Lebensentwurf getragen vom Streben nach größtmöglichem Komfort in fadem Licht erscheinen. Ist es dem Menschen möglich seine göttliche Natur durch das Verständnis von Manunggaling kawulo gusti zu erreichen, versteht jede*r ihre*seine eigentliche Größe, ihren*seinen inneren Reichtum, seine Kraft, ganz unabhängig von dem, was sie*er ihr*sein Eigen nennt. Erst dieser Zustand befähigt den Menschen zu selbstloser Handlung als Bodhisattwa, bzw. in der javanischen Tradition als Tapa Ngrame[3] zum Wohle aller.


[1] Berufung auf der Definition von Gesundheit im Javanischen Kontext; Dissertation Konsep sehat menurut perspektif budaya jawa http://repository.unair.ac.id/32854/8/32854.pdf

[2] Bezug auf Ketika Tuhan Bersatu Diri, Makna Spriritualitas Sejati Menurut Syekh Siti Jenar, 2007, Ki Reksa Bawana; S.46

[3] http://bwiwoho.blogspot.com/2015/03/filosofi-topo-ngrame-mati-sakjroning.htm